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Seit 23. Juni 2023 gibt es eine neue Trinkwasserverordnung: Analysen werden noch intensiver

September 17, 2023

Schon vor der Überarbeitung der Trinkwasserverordnung galt Leitungswasser in Deutschland als das am besten kontrollierte Lebensmittel. Warum wurde trotzdem eine Novellierung nötig? Dr. Katarzyna Schiwon, Geschäftsführerin des Wasserlabors AKS Frankfurt/Oder erklärt die Neuerungen.

Dr. Katarzyna Schiwon: „Deutschland musste die Vorgaben der Europäischen Trinkwasser-Richtlinie 2020/2184, die bereits seit 2021 gilt, auf nationaler Ebene umsetzen. Um die Gesundheit der Menschen noch besser zu schützen, gibt es neue Vorgaben für die Analyse.“

Strengere Grenzwerte

„Wenn ich täglich ungefähr drei Liter Wasser trinke, muss die Qualität so gut sein, dass ich innerhalb meines Lebens nicht daran erkranke. Deshalb wurden die Grenzwerte von Chrom, Blei und Arsen weiter herabgesetzt. Neue Stoffe wie Bisphenol A (BPA) und die PFAS wurden in die Analyse aufgenommen.“

Neu: Suche nach neuen Chemikalien

„Bisphenol A ist als ,Weichmacher‘ bekannt. Ein weit verbreiteter Stoff, der in beschichteten Konservendosen, Spielzeug, Plastikgeschirr, Gehäusen von Computern und Wasserkochern und in Epoxidlacken genutzt wird. Die sogenannten PFAS sind eine Gruppe von mehr als 10.000 verschiedenen Chemikalien. Da sie wasser-, fett- und schmutzabweisend sind, werden sie in Regenjacken, im Skiwachs, bei Boden- und Autopflegemitteln, in Löschschäumen für Großbrände und im Burgerpapier eingesetzt. Diese Stoffe sind extrem langlebig, setzen sich in den Organen des Körpers ab und häufen sich dort an.

Gefahren

„Nicht der einzelne Schluck ist gefährlich, sondern der lebenslange Cocktail aller Inhaltsstoffe könnte krank machen. Es wird stark vermutet, dass sie Krebs verursachen, unfruchtbar machen und das Immunsystem schwächen. PFAS wurden schon an den Polen und in der Tiefsee nachgewiesen. Sie könnten also auch ins Grundwasser gelangen. Deshalb müssen wir nun untersuchen, ob BPA und PFAS auch im Trinkwasser auftauchen.“

Ausbau der Analyse

„Wir nehmen beim NWA an 40 Messstellen im 334 Kilometer langen Trinkwassernetz oder quartalsmäßig Proben für die Trinkwasseranalyse. Bei den Analysen werden mehr als 100 Parameter untersucht. Nun kommen neue Stoffe dazu. Für den Wasserverband steigen damit die Kosten der turnusmäßigen Analysen. Die AKS hat neue Geräte für die Analyse gekauft und entsprechende Verfahren etabliert. Die DAkkS (Deutsche Akkreditierungsstelle) hat unsere Verfahren begutachtet und freigegeben.“

Umfassende Informationspflicht

„Die Wasserverbände müssen ihre Kundinnen und Kunden umfassend über die Analyseergebnisse informieren. Der NWA veröffentlicht schon seit Jahren die wichtigsten Werte auf der Website unter dem Download Daten der Wasserwerke.“

Verpflichtendes Risikomanagement

„In der neuen Trinkwasserverordnung wurden die Wasserversorger verpflichtet, kontinuierlich Gefahren für die Wasserversorgung von der Quelle bis zum Wasserhahn zu untersuchen und abzuschätzen. Der NWA hat das Glück, Jahrtausende alte Grundwasserbestände aus großen Tiefen zu fördern. Diese sind durch viele Bodenschichten geschützt. Trotzdem wurden an Messstellen in Brandenburg erste Spuren der Abbaustoffe von Pflanzenschutzmitteln nachgewiesen. Deshalb gibt es jetzt die Pflicht, Gefahren für die Bereitstellung von Trinkwasser ständig zu beobachten. Mit dieser Verordnung wird das Trinkwasser qualitativ noch sicherer.“